Privates Veräußerungsgeschäft: Keine Selbstnutzung bei Überlassung an unterhaltsberechtigtes Kind

Ein Gebäude wird nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es Eltern einem volljährigen Kind unentgeltlich überlassen, für das kein Anspruch auf Kindergeld mehr besteht. Damit gilt die Ausnahmeregelung, die ein privates Veräußerungsgeschäft vermeidet, nach Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen in diesen Fällen nicht.

Hintergrund

Nach § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt, der Spekulationsbesteuerung. Ausgenommen sind jedoch Wirtschaftsgüter, die

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alternative) genutzt wurden.

Sachverhalt und Entscheidung

Eine Steuerpflichtige hatte eine 4-Zimmer-Wohnung innerhalb der 10-Jahresfrist des § 23 EStG veräußert (Anschaffung im April 2010, Verkauf im Dezember 2016). Strittig war nun, ob die Nutzung der Wohnung durch die drei Söhne eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 23 EStG darstellt.

Im Streitfall waren zwei Söhne weit vor der Veräußerung aus der Kindergeldberechtigung „herausgewachsen“. Es bestand insoweit eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern. Der jüngste Sohn, für den Anspruch auf Kindergeld bestand, lebte ab Oktober 2013 in der Wohnung.

Bei der unentgeltlichen Überlassung an Kinder unterscheidet die Finanzverwaltung wie folgt:

  • Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch vor, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut einem Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag hat, unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen hat.
  • Die Überlassung eines Wirtschaftsguts an andere (auch unterhaltsberechtigte) Angehörige stellt hingegen keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar.

Nach Auffassung des Finanzgerichts Niedersachsen war die Veräußerung im Streitfall steuerpflichtig, weil die folgenden Voraussetzungen nicht vorlagen:

  • Eine (teilweise) Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer als eigene lediglich dann zuzurechnen, wenn diese Nutzungsüberlassung gleichzeitig mit einer Nutzung durch den Eigentümer einhergeht oder
  • die Wohnung in ihrer Gesamtheit dem berücksichtigungsfähigen Kind zur alleinigen Nutzung überlassen wird.

Beachten Sie: Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, da die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig ist.

Quelle: FG Niedersachsen, Urteil vom 16.6.2021, Az. 9 K 16/20, Rev. BFH: Az. IX R 28/21