Die steuerliche Behandlung von Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen für Vermieter von Ferienwohnungen wirft in der Praxis immer wieder Fragen auf. Insbesondere die Abgrenzung zwischen beruflich veranlassten Reisen und der Begründung einer ersten Tätigkeitsstätte ist entscheidend für die Höhe der abzugsfähigen Werbungskosten. Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Münster vom 15. Mai 2024 (Az. 12 K 1916/21 F) beleuchtet diese Thematik im Kontext der Vermietung von Ferienwohnungen und bietet wichtige Orientierungspunkte für Vermieter.
Erste Tätigkeitsstätte bei Vermietung und Verpachtung: Ein Drittel der Arbeitszeit als Kriterium
Nach der Entscheidung des Finanzgerichts Münster kann eine Ferienwohnung, die der Einkünfteerzielung dient, als erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesehen werden. Dies ist der Fall, wenn der Vermieter mindestens ein Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit für das Objekt dort verrichtet. Diese Regelung, ursprünglich primär für Arbeitnehmer konzipiert, findet somit auch Anwendung auf Vermieter, die ihre Immobilien intensiv bewirtschaften.
Der Verweis in § 9 Abs. 3 EStG auf die vorrangig für Arbeitnehmer geltenden Regelungen führt bei Vermietungseinkünften dazu, dass eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, wenn der Steuerpflichtige mindestens ein Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit für das Mietobjekt dort selbst verrichtet. Maßgeblich sind hierbei in erster Linie quantitative Kriterien, da – anders als bei Arbeitnehmern – eine Zuordnung durch einen Arbeitgeber nicht in Betracht kommt.
Fahrtkosten: Entfernungspauschale statt Reisekostengrundsätze
Grundsätzlich können Vermieter die Fahrtkosten, die im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung ihrer Vermietungsobjekte entstehen (z.B. für Reparaturen, Reinigungsarbeiten oder Mieterkontakte), als Werbungskosten absetzen. Werden die Objekte nur unregelmäßig aufgesucht, sind die Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen zu ermitteln, sodass die tatsächlichen Kosten oder pauschal 0,30 EUR je Kilometer für Hin- und Rückfahrt anzusetzen sind.
Liegt jedoch eine erste Tätigkeitsstätte vor, wie im Fall der vom Finanzgericht Münster beurteilten Ferienwohnung, ändert sich die steuerliche Behandlung der Fahrtkosten grundlegend. Dann ist nur die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG abzugsfähig. Dies bedeutet, dass lediglich 0,30 EUR pro Entfernungskilometer (ab dem 21. Kilometer 0,38 EUR) für die einfache Strecke abgezogen werden können, nicht aber die Kosten für die Rückfahrt oder tatsächliche Kosten.
Verpflegungsmehraufwendungen: Befristung auf drei Monate
Verpflegungsmehraufwendungen können nur in den ersten drei Monaten einer auswärtigen Tätigkeit geltend gemacht werden (§ 9 Abs. 4a EStG). Im vorliegenden Fall des Finanzgerichts Münster waren die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht abzugsfähig, da die Dreimonatsfrist bereits abgelaufen war. Dies verdeutlicht, dass Vermieter bei längerfristigen Aufenthalten in ihren Ferienwohnungen zur Bewirtschaftung keine Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen können.
Sachverhalt des Urteils und dessen Begründung
Im konkreten Streitfall erzielte eine GbR, bestehend aus Vater und Sohn, Einkünfte aus der Vermietung zweier Ferienwohnungen. Für das Jahr 2019 machte die GbR unter anderem Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen im Zusammenhang mit Reparatur- und Reinigungsarbeiten an den Wohnungen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte diese Kosten wegen privater Mitveranlassung nicht an.
Das Finanzgericht Münster gab der Klage teilweise statt und begründete seine Entscheidung damit, dass die beiden Ferienwohnungen jeweils als erste Tätigkeitsstätte anzusehen seien. Da die Ferienwohnungen im Wesentlichen durch Dritte verwaltet wurden, während die Gesellschafter die Reparaturarbeiten selbst durchführten, sei die quantitative Grenze von einem Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit deutlich überschritten. Für jede einzelne Reise nahm das Gericht eine Aufteilung der Fahrtkosten vor und erkannte private Veranlassungsanteile nicht als Werbungskosten an.
Bedeutung und Ausblick
Das Urteil des Finanzgerichts Münster ist von großer Bedeutung für Vermieter von Ferienwohnungen und anderen Mietobjekten. Es verdeutlicht, dass eine intensive Betreuung der Objekte zur Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte führen kann, was erhebliche Auswirkungen auf die Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten hat.
Obwohl das Finanzgericht Münster die Revision zugelassen hatte, um eine höchstrichterliche Klärung zu ermöglichen, wurde diese nicht eingelegt. Somit bleibt abzuwarten, ob und wann der Bundesfinanzhof (BFH) zu dieser Thematik Stellung beziehen wird. Bis dahin ist eine sorgfältige Dokumentation aller Fahrten und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Vermietung unerlässlich, um die berufliche Veranlassung nachweisen und eine mögliche private Mitveranlassung ausschließen zu können.
Vermieter sollten daher stets eine gute Beweisvorsorge treffen. Dies gilt nicht nur für die Anzahl der Fahrten, sondern auch für den mit der Vermietung zusammenhängenden Hintergrund der Fahrten und die möglichst fehlende private Mitveranlassung. Das Urteil zeigt zudem, dass bei sehr vielen Fahrten zum Mietobjekt die Gefahr besteht, dass das Finanzamt nur die Entfernungspauschale gewährt.
Relevante Rechtsgrundlagen und weiterführende Informationen:
- § 9 Einkommensteuergesetz (EStG): gesetze-im-internet.de/estg/__9.html (insbesondere Absätze 3, 4 und 4a)
- Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04.04.2019, Az. VI R 27/17: dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=VI%20R%2027/17 (zur Abgrenzung erste Tätigkeitsstätte bei Arbeitnehmern, relevant für Verständnis der Grundsätze)
- BMF-Schreiben vom 25.11.2020 (IV C 5 – S 2353/19/10007 :001): Zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 2014, abrufbar auf der Website des Bundesfinanzministeriums.
Diese Informationen dienen der allgemeinen Orientierung und ersetzen keine individuelle steuerliche oder rechtliche Beratung. Bei konkreten Fragestellungen empfiehlt sich die Konsultation eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts.